Terrifier 2 | Kritik (2025)

In seinem ambitionierten Sequel lässt Damien Leone seinen Killerclown auf ein Geschwisterpaar los, das sich mit Händen und Füßen gegen ein nochmals breiteres Arsenal an Verletzungswerkzeugen wehrt. Terrifier 2 entwirft dabei zugleich eine Heldin, die es mit dem Horrorclown aufnehmen kann.

Vor dem Mythos steht die Arbeit: Terrifier (2016) war reduziert, handlungsfrei, ohne Psychologie oder Metapher, existierte vor allem als ein Highlightreel für die Effekte und für die Performance von David Howard Thornton, der die von Regisseur Damien Leone bereits in früheren Kurzfilmen erschaffene Figur Art the Clown spielte. Terrifier 2 ist ambitionierter, will und gibt erstmal mehr – mehr Produktionskosten, mehr Film, mehr Art the Clown –, muss dafür aber auch auf konventionellere Qualitäten wie Handlung oder Figurenentwicklung zurückgreifen. Das funktioniert nur so mittelmäßig.

Salz in die Wunde

Der Film erzählt primär von der Beziehung zwischen den Geschwistern Sienna und Jonathan sowie ihrem Vater, den sie verloren haben und der in einer vagen Beziehung zu Art the Clown steht. Eine Beziehung, die auf die Kinder übertragen wurde, die metaphysisch aufgeladen ist, die Leone aber niemals auserzählen oder ordnen will. Seinen Figuren scheint das Verstehen und Akzeptieren dieser Gegebenheiten schon eingeschrieben.

Terrifier 2 breitet diese Konstellation über 136 Minuten aus, was im besten Falle Raum lässt für Normalität, Banalität und jene Langeweile, die der Horror in Atmosphäre verwandeln kann. Etwas Leben, bevor das Sterben beginnt. Eher bemüht wird dieser Alltag gegen Szenen mit Art the Clown geschnitten. Die Menschen diskutieren, ob Art, der mittlerweile fest im Bewusstsein des Films verankert ist, noch lebt, während wir ihn beim Töten betrachten.

Eine Frau wird etwa skalpiert, mit einer Schere filiert, die Finger entzweigebrochen und mit mehreren kleinen Skalpellschnitten verwundet, die vor allem ihr Leiden verlängern und maximieren. Der Schnitt erzählt von der Welt: die Freundschaften, die hiermit enden; der Abend, den sie nicht erleben wird. Art the Clown verschwindet daraufhin aus dem Zimmer und Leone spielt mit etwas Hoffnung, ehe Art mit Salz und Säure zurückkommt und seinen Finger wortwörtlich in die Wunde reibt. Danach wird das Auge ausgerissen und der Körper von Art langsam in weitere Teile geschnitten bis sie, gerade noch lebend, von ihrer Mutter gefunden wird.

Selbstvermarktung trotz Limitationen

Es ist eine grausame Szene, die vor ihrer Grausamkeit selbst erschrickt und sie mit Humor überschminkt. Der extreme Horror, der mich interessiert, ist ein Horror, der diese Szenen und die Welt, die aus ihnen entsteht, aushalten kann. Humor macht die Figuren und ihr Leiden hier billiger, raubt ihnen die Empathie, rechtfertigt ihr Leiden, weil sie sich in ihrem Spiel und wie Leone sie denkt und auftreten lässt bewusst lächerlich machen.

Das ist vielleicht der fundamentale Unterschied zwischen Leone und Regisseuren wie Joe Meredith oder Brian Paulin, die ähnlich extreme Tendenzen haben und mit ähnlichen finanziellen Limitierungen arbeiten, aber in der Lage sind, diese zu fokussieren: Das Budget und das Produktionsumfeld werden zur Ästhetik. Statt Kostümen gibt es nur die Körper, die praktischen Effekte haben dieselbe Drastik, sind aber in ihrer Konsequenz schon fast ins Philosophische verlagert. Die Filme werden selbst vertrieben, leben vom Wort im Mund und dem Wissen, dass eine Community existiert, die dem Wort folgen wird. Leone scheint dagegen noch zu offensichtlich in der Selbstvermarktung – dies ist nicht bloß Terrifier 2, sondern Damien Leone's Terrifier 2 – und zu limitiert in allen technischen Bereichen (besonders Schnitt und Regie), die nichts mit den praktischen Effekten zu tun haben.

Diese Effekte, die nicht digitaler Natur sind, sondern etwa durch Prothesen, Pyrotechnik oder Animatronic erzeugt werden, bleiben jedoch seine Stärke und sind noch vielfältiger und präsenter als im ersten Teil von Terrifier. Die Prothesen haben eine groteske Plastik, sind gut beleuchtet, um die Arbeit an ihnen entsprechend zu präsentieren, was ihnen viel Präsenz und Pathos verleiht. Gesichter, die eigentlich nicht mehr sprechen können, aber noch einen letzten Satz raushecheln; Körper, die nicht mehr funktionieren sollten, aber sich noch einmal aufraffen. Auch das Arsenal, mit dem hier verletzt, geschunden und getötet wird, ist nochmal ausgebaut worden. Schneidewerkzeuge unterschiedlicher Länge und Schärfe, Kugeln in diversen Kalibern sowie Feuer und Säure und Keulen und Besenstile und neunschwänzige Katzen. Notfalls auch mit der Hand oder den Zähnen.

Wiedergeburt im Franchise

Es braucht bis zum Ende, das sich im Vergnüngsparkmodus von Setpiece zu Setpiece und Effekt zu Effekt zieht, bis sich so etwas wie ein Zustand der Trance entwickelt, von dem man sich fesseln lassen kann. Terrifier 2 konzentriert sich auf das oben beschriebene Dreieck aus den Geschwistern und Art, der sie verfolgt und verletzt, während sie weglaufen und sich wehren. Leone nutzt dies, um Sienna auf denselben Status wie Art zu heben, eine Heldin zu entwerfen, die ein Franchise tragen kann. Ihr Kostüm, eine Mischung aus Amazone und Engel, entwickelt eine eigene Ikonographie, die wahlweise an Xena: The Warrior Princes (Kompliment) und die Comics von Jim Balent (kein Kompliment) erinnert. Am Ende stirbt Art, bietet sich schon fast als Opfer an, und wird in der Zwischensequenz des Abspanns dann doch wiedergeboren. Ein dritter Teil ist bereits angekündigt.

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Author: Allyn Kozey

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